Super-Gleitbeschichtung aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen
2023-06-10 20:13:04 - Quelle: Oak Ridge National Laboratory / Bild: Daniel Heckmann
Wissenschaftler des Oak Ridge National Laboratory des US-Energieministeriums haben eine Beschichtung entwickelt, die die Reibung in herkömmlichen lasttragenden Systemen mit beweglichen Teilen - von Fahrzeugantrieben bis hin zu Wind- und Wasserturbinen - deutlich verringern kann. Sie verringert die Reibung von Stahl auf Stahl um mindestens das Hundertfache. Die Entwicklung basiert auf beschädigten Kohlenstoff-Nanoröhrchen.
Die mehrwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen beschichten den Stahl, weisen korrosive Feuchtigkeit ab und dienen als Schmiermittelreservoir, erklären die Entwickler. Um die Beschichtung herzustellen, erhitzen die Forscher eine Edelstahlscheibe, so dass sich Metalloxidpartikel auf der Oberfläche bilden.
Anschließend bringen sie mittels chemischer Gasphasenabscheidung Kohlenstoff auf. Die Metalloxide vernetzen den Kohlenstoff Atom für Atom zu winzigen röhrenförmigen Strukturen. Die neuen Nanoröhren sind nur dann superschmierig, wenn sie beschädigt sind.
Durch Reibung brechen die Kohlenstoff-Nanoröhrchen und bilden ein neues Objekt. Diese gebrochenen Kohlenstoff-Nanoröhrchen sind Stücke von Graphen. Sie werden auf die Oberfläche geschmiert und verbinden sich mit der Kontaktfläche zu einem so genannten Tribofilm, einer Beschichtung, die sich bei diesem Prozess bildet.
Tribologie, vom griechischen Wort für Reibung, ist die Wissenschaft und Technologie von interagierenden Oberflächen in relativer Bewegung, wie zum Beispiel Zahnräder und Lager. Ein wichtiges Thema auch in der Uhrenindustrie.
Das Vorhandensein auch nur eines Tropfens Öl ist entscheidend, um Super-Gleitbeschichtung zu erreichen. Wir haben es ohne Öl versucht, aber es hat nicht funktioniert
, sagt Qu. Der Grund dafür ist, dass die Reibung ohne Öl die Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu stark abnutzt. Dann kann sich der Tribofilm nicht gut ausbilden oder lange halten.
Jun Qu, Leiter der Gruppe Oberflächentechnik und Tribologie am ORNL, und seine Kollegen Chanaka Kumara und Michael Lance haben in der Zeitschrift Materials Today Nano eine Studie über eine Beschichtung aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen veröffentlicht, die gleitenden Teilen Superschmierfähigkeit verleiht. Superschmierfähigkeit ist die Eigenschaft, beim Gleiten praktisch keinen Widerstand zu zeigen; sie ist durch einen Reibungskoeffizienten von weniger als 0,01 gekennzeichnet. Zum Vergleich: Wenn trockene Metalle aneinander vorbei gleiten, liegt der Reibungskoeffizient bei etwa 0,5. Mit einem Ölschmierstoff sinkt der Reibungskoeffizient auf etwa 0,1. Mit der ORNL-Beschichtung konnte der Reibungskoeffizient jedoch weit unter die Grenze der Superschmierfähigkeit gesenkt werden, nämlich auf 0,001. Diese Eigenschaften blieben bei Tests über mehr als 500.000 Reibungszyklen erhalten, bei denen drei Stunden, ein Tag und zwölf Tage ununterbrochenes Gleiten stattfand.
Die Forscher sind dabei, ihre Entwicklung zum Patent anzumelden.